Die neue Rolle der Automobilindustrie als Klimaschützer

Wer dem Volkswagenchef Herbert Dies diese Woche zuhört, könnte meinen, dass die deutsche Automobilindustrie einer der wichtigsten Förderer der Elektromobilität ist.

Wer sich aber mit der Geschichte der Automobilindustrie in Deutschland ein wenig beschäftigt, erkennt schnell, dass die deutschen Automobilhersteller den Fortschritt bei den elektrischen Fahrzeugen gebremst haben. Noch 2016 haben die verantwortlichen Automanager behauptet, dass effiziente Elektrofahrzeuge nicht umsetzbar sind. Sie haben sich auf die Dieseltechnik konzentriert und Alternativen nur stiefmütterlich weiterverfolgt.

Mit der Dieseltechnik sind die deutschen Autobauer glanzvoll gescheitert, weil die Technik einfach nicht mehr mit den Abgasvorschriften mithalten konnte. Sie haben sich selber in eine Sackgasse gesteuert, aus der sie ohne Softwaremanipulationen nicht mehr rauskamen. Erst seit dem der Dieselskandal ist die Elektromobilität wieder bei den deutschen Herstellern populär. Pioniere wie Elon Musk mussten den deutschen Automobilherstellern zeigen, dass diese Technik doch umsetzbar ist. Böse Zungen könnten behaupten, dass die Arroganz der Manager in der deutschen Automobilhersteller ihnen zur Falle geworden ist und die Gefahr besteht, das dies in Kürze wieder passiert.

Seit Beginn des Dieselskandals musste sich die deutsche Automobilindustrie schnell umorientieren. Volkswagen hat sich vollkommen auf die Elektromobilität eingeschossen und will ab 2026 keine Modelle mit Verbrennungsmotor mehr entwickeln. Das deutsche Umweltministerium will sogar ab 2030 nur noch Autos zulassen, die kein CO2 mehr ausstoßen. BMW versucht sich wenigstens noch eine Alternative mit Wasserstoff-angetriebenen Fahrzeugen offen zu halten. Volkswagen scheint aber aus der Vergangenheit nicht gelernt zu haben und setzt vollkommen auf die Elektromobilität.

Dabei scheint das Unternehmen aber einen wichtigen Faktor auszulassen. In Deutschland wird es möglich sein, in den nächsten Jahren ein Netz von Ladestationen für Elektrofahrzeuge aufzubauen. Aufgrund der Bevölkerungszahlen und der Infrastruktur kann dieses Ziel umgesetzt werden, auch wenn nur mit einem großen Aufwand. In vielen Länder der Erde ist dies aber schon durch die großen Entfernungen und das fehlende Kapital nicht in den nächsten Jahrzehnten zu erreichen. Dann würden für Volkswagen Märkte wie Lateinamerika, Afrika und große Teile Asiens wegfallen, weil dort Elektrofahrzeuge noch nicht effizient eingesetzt werden können.

Da erscheint eine Alternative, wie es BMW mit Wasserstoff anstrebt, viel logischer. Warum drängt Herbert Dies also so vehement in Richtung Elektromobilität? Zum einen kann man den Manager jetzt so oft in den Medien und Fernsehsendungen sehen, weil die Basis für eine deutsche Massenproduktion für Elektrofahrzeuge noch gar nicht existiert. Es gibt keine deutschen Unternehmen, die Akkumulatoren für Elektrofahrzeuge liefern können und es gibt nur wenige deutsche Konzepte, die tatsächlich umsetzbar sind.

Deswegen muss Dies für Subventionen Werbung machen. Volkswagen muss einen milliardenschweren Konzernumbau forcieren, um in Zukunft komplett auf die Elektromobilität bauen zu können. Der Autobauer muss die technischen Entwicklungen wettmachen, die durch die Konzentration auf Dieselmotoren verpasst wurden. Dafür sind unter anderem auch die milliardenschweren Subventionen der Steuerzahler notwendig, die für den Dieselskandal nicht wie in den USA entschädigt wurden.

Deswegen kann Dies jetzt auch das Pariser Klimaabkommen loben und sogar die Schülerkundgebung „Fridays for Future“ befürworten. Er will jetzt den einen Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses vermeiden, für den die Kraftfahrzeuge verantwortlich sind. Der Auslöser des Dieselskandals wird jetzt zum Musterknaben der Automobilbranche.

 


Thomas Pentzek wanderte 1992 nach Mexiko aus und hat 20 Jahre in führenden Positionen in der Automobil- und Textilindustrie gearbeitet. Durch die praktische Erfahrung in der Industrie, in internationalen Unternehmen wie Volkswagen, Ford und Nissan, sowie mit vielen Automobilzulieferanten, konnte er viele Erfahrungen im Controlling sowie Lean Management und Six Sigma machen.

Seit 2012 arbeitet er als freier Journalist und Autor. In dieser Zeit entstanden einige Bücher über das Unternehmensmanagement.

 

Thomas Pentzek auf: LinkedIn

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