Der DAX befindet sich seit gestern offiziell in einer Korrektur

Der DAX hat gestern im Maximum 413,34 Punkte bzw. 2,71 % verloren. Das letzte Mal, dass der deutsche Leitindex einen solchen Rücksetzer hinnehmen musste, ist mehr als ein Vierteljahr her, zumindest, wenn man den prozentualen Verlust betrachtet. Am 27. Januar gab der DAX um 2,72 % nach. Sucht man hingegen nach einem Rücksetzer um 413,34 Zähler, dann muss man sogar bis zum 21. Dezember 2020 zurückgehen, also noch einmal mehr als einen weiteren Monat.

Diese Zahlenspielereien zeigen, wie stark die Aktienmärkte in den vergangenen Wochen und Monaten nach oben gezogen wurden und wie überkauft sie durch die fehlenden Rücksetzer geworden sind. Einen solchen Zustand kann ein eintägiger Rücksetzer natürlich nicht abbauen.

Bislang nur eine klassische ABC-Korrektur

Allerdings hat die Korrektur im DAX aus aktueller Sicht bereits am 19. April begonnen. Denn mit dem gestrigen Rücksetzer ist der Index nicht nur sehr klar aus seiner engen Seitwärtskonsolidierung nach unten ausgebrochen (gelbes Rechteck im folgenden Chart), sondern er hat damit auch das Tief vom 21. April unterschritten (Welle A). Da er zuvor ein tieferes Hoch ausgebildet hat (Welle B), liegen nun ein tieferes Hoch und ein tieferes Tief (Welle C) vor. Nach der Dow-Theorie haben wir es dadurch sogar mit einer Trendwende und einem Abwärtstrend zu tun.

DAX - Chartanalyse

Das klingt nun allerdings schlimmer als es ist. Denn bislang hat der DAX lediglich die am 19. April begonnene Korrektur fortgesetzt und diese aus Sicht der Elliott-Wellen-Theorie zu einer klassischen ABC-Formation ausgeweitet. Und wie ich dazu bereits am Freitag schrieb, sind ABC-Korrekturen in Aufwärtstrends als Gegenbewegungen völlig normal. Meist schließt sich daran eine nächste Aufwärtswelle an. Von einer Trendwende und einem Abwärtstrend zu sprechen, wäre also verfrüht. Fakt ist aber, dass sich der DAX seit gestern offiziell in einer Korrektur befindet.

Aus Sicht der Target-Trend-Methode ist vor diesem Hintergrund interessant, dass die gestrigen Kursverluste im Bereich einer Konsolidierungslinie (rot gestrichelt) endeten. Wenn sich der DAX in diesem Bereich stabilisieren kann, dann spricht dies dafür, dass wir tatsächlich lediglich eine ABC-Korrektur sehen, also eine normale Konsolidierung der vorangegangenen Kursgewinne. Setzen sich die Kursverluste aber dynamisch fort, muss man vorsichtig werden.

Engpässe bei Vorprodukten lasten zunehmend auf der Wirtschaft

Und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass sich die Korrektur noch (deutlich) ausweitet. Denn die in der Börse-Intern vom vergangenen Freitag beschriebenen Probleme, die aus unerwarteter Richtung derzeit auf immer mehr Unternehmen zukommen, könnten noch einige Monate anhalten. Passend dazu gab der Einkaufsmanagerindex vom Institute of Supply Management (ISM) für die US-Industrie bereits überraschend stark nach. Von noch 64,7 Punkten im März fiel er auf aktuell „nur noch“ 60,7 Punkte.

ISM Einkaufsmanagerindex Industrie USA

Damit befindet er sich allerdings immer noch auf einem extrem hohen Niveau und deutlich oberhalb der Schwelle von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird. Doch zu der Umfrage des ISM berichten die befragten Unternehmen, dass sie die dank der Impferfolge und den staatlichen Corona-Hilfspaketen zunehmende Nachfrage aufgrund von Engpässen nicht vollständig bedienen können. Wichtige Teile und Materialien seien nicht verfügbar. Und es gab rekordverdächtig lange Lieferzeiten. Das führt zu stark steigenden Preisen. Der entsprechende Teilindex des ISM stieg auf sage und schreibe 89,6 Punkte, von zuvor schon sehr hohen 85,6.

Am Freitag schrieb ich zu diesen Entwicklungen bereits, dass dies eine Gefahr für die Wachstumspläne der Unternehmen sein könnte, „welche bei einer anhaltenden Problematik in die Aktienkurse eingepreist werden müsste. Das könnte eine Korrektur auslösen“.

Warnung vor Exzessen und Kursübertreibungen an den Börsen

Und diese Korrektur ist auch deshalb so wahrscheinlich, weil die Aktienmärkte maßlos überkauft sind, wie eingangs anhand des kleinen Zahlenbeispiels bereits dargelegt. Inzwischen wird auch von prominenter Seite vor Kursübertreibungen gewarnt. Am Freitag sagte Robert Kaplan, Präsident der Notenbank von Dallas: „Wir sind nun an einem Punkt, an dem ich Exzesse und Ungleichgewichte an den Finanzmärkten beobachte.“ In seinen Bemerkungen ging Kaplan auch auf die Anleihenkäufe der US-Notenbank ein: „Ich denke, bei der frühesten Gelegenheit wäre es für uns angebracht, damit zu beginnen über eine Anpassung dieser Käufe zu sprechen“. – Hört, hört!

Short-Position auf Einstandskurs absichern

Wenn Sie meinem Rat unter anderem vom vergangenen Freitag gefolgt sind, dann dürften Sie mit dem Bruch der Mittellinie bei 15.075 Punkten im DAX Long-Positionen beendet und sogar eine kleine Short-Position eröffnet haben. Diese kann jetzt schon auf Einstandskurs abgesichert werden.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

Sven Weisenhaus ist Chefredakteur des renommierten Börsen-Newsletters Börse-Intern, der vom bekannten Börsen-Portal Stockstreet.de herausgegeben wird. Er schreibt dort auch die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der den DAX und andere Indices nach der berühmten Target-Trend-Methode analysiert.

www.stockstreet.de

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