In weniger als 3 Monaten droht eine Trendwende am Aktienmarkt

Vorgestern hat es ein volatiles Auf und Ab an den Aktienmärkten gegeben. Dem Nasdaq 100 gelang zum Beispiel zur Eröffnung des US-Handels ein Ausbruch auf ein neues Rekordhoch, der sich wenig später als Fehlausbruch entpuppte und mit scharf fallenden Kursen quittiert wurde. Besonders eindrucksvoll ist dies im folgenden Chart zu sehen, den unsere Leser des Target-Trend-CFD zu einem passenden Short-Trade (grüner Pfeil = Einstieg) erhalten haben.

Nasdaq 100 - kurzfristige Chartanalyse
(erstellt mit: comdirect.de)

Wie im Chart zu sehen ist, erholten sich die US-Indizes allerdings wieder einmal sehr schnell. Zu unseren Short-Trades platzierten wir daher auch schnell Stopps und schrieben dazu: „Auch der heutige Kursrutsch scheint von den Bullen sofort wieder für Schnäppchenkäufe genutzt zu werden – sofern man auf dem aktuellen Niveau überhaupt von günstigen Einkaufsmöglichkeiten zu Schnäppchenkursen sprechen kann – so dass von den Kursverlusten aktuell schon wieder ein Großteil aufgeholt wurde.“ Und da sich die Kurserholung anschließend noch fortsetzte, blieb von dem Short-Trade auf den Nasdaq 100 am Ende nur ein kleiner Gewinn – immerhin.

Aktienindizes sind hoch bewertet

Dass man aktuell insgesamt kaum von Schnäppchenkursen sprechen kann, zeigt auch die folgende Grafik aus einer aktuellen Analyse der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Demnach sind derzeit quasi alle großen Indizes, gemessen als Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), am oberen Ende ihrer 10-Jahres-Spanne angelangt. Bei den US-Indizes gilt dies besonders für den S&P 500.

Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) der wichtigsten Aktienindizes
(Quelle: Helaba)

Das ist nun nicht neu und auch ich habe hier in der Börse-Intern schon öfter auf die hohe fundamentale Bewertung der Aktienmärkte hingewiesen. Doch hierzu lässt noch eine andere Grafik der Helaba aufhorchen:

Dividendenrenditen der wichtigsten Aktienindizes
(Quelle: Helaba)

Demnach bieten die Unternehmen aus dem besonders hoch bewerteten S&P 500 gerade noch eine Dividendenrendite von durchschnittlich 1,6 %.

Dividendenrendite vs. Anleiherendite

Und ich erinnere an die Börse-Intern vom 12. Januar, in der zu lesen war, dass die Rendite der US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren zuletzt immerhin schon auf 1,14 % gestiegen war.

Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen
(Grafik aus der Börse-Intern vom 12. Januar)

Spätestens wenn die Anleiherendite die Höhe der Dividendenrendite erreicht, werden sich die großen Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds gut überlegen, ob sie noch das Kursrisiko am Aktienmarkt eingehen möchten, wenn sie die gleichen Renditen ohne dieses Risiko am Anleihemarkt einfahren können.

Und das könnte schon in wenigen Wochen oder Monaten soweit sein. Denn für den Anstieg von 0,46 Prozentpunkten benötigte die Rendite der 10-jährigen Anleihen zuletzt nur etwas mehr als 3 Monate. Und mit den Inflationserwartungen dürften die Renditen weiter steigen. Genießen Sie also die Party am Aktienmarkt noch, solange sie anhält.

Wilde Spekulationen mit Aktien von GameStop

Derweil gibt es übrigens den nächsten Hinweis darauf, dass das Hoch am Aktienmarkt sehr nahe ist. Denn erneut hat es eine völlig irre Spekulation gegeben, wieder getrieben wohl insbesondere durch spekulative Kleinanleger. Diese bescherten vorgestern dem US-Computerspielehändler GameStop den größten Kurssprung der Firmengeschichte. Die Aktien stiegen zeitweise um mehr als 140 % auf ein Rekordhoch von 159,18 Dollar.

GameStop - Analyse der Kursbewegung

Zur Einordnung: Das bisherige Hoch markierte die Aktie 2007 bei rund 64 Dollar. Und seit 2013 befand sich die Aktie in einem Abwärtstrend, der bis auf ein Tief von 2,57 Dollar im April 2020 führte. Am 12. Januar notierte der Wert noch unter 20 Dollar.

GameStop - langfristige Kursentwicklung

Vorgestern aber wechselten in den ersten 4 Handelsstunden an der Wall Street rund 10 Mal so viele  GameStop-Papiere den Besitzer wie sonst an einem ganzen Tag. Und nach dem 140%-Kurssprung brachen die Kurse genauso schnell wieder ein, wie sie gestiegen waren, und beendeten den Tag mit einem nur noch relativ mageren Plus von 18 %. Anleger, die am Hoch eingekauft haben, saßen somit in Nullkommanix auf hohen Verlusten.

Ein bekannter Short-Seller wurde ausgequetscht

Die Geschichte, die hinter der irren Achterbahnfahrt steckt, ist aber noch wesentlich dramatischer. Denn insgesamt sind die Aktien seit dem 13. Januar bis im Hoch um fast 700 % explodiert. Zuvor hatte ein bekannter Leerverkäufer (Citron Research) große Short-Positionen in der Aktie aufgebaut. Und anschließend wollte er mit einem negativen Bericht dafür sorgen, dass die Aktien fallen, so dass er einen Gewinn erzielen kann. Ähnliches haben wir zuletzt schon mehrfach erlebt. Ein prominentes Beispiel ist der Wirecard-Fall.

Doch dieses Mal ging die Wette des Short-Sellers offensichtlich nicht auf. Denn über die Social-Media-Plattform „Reddit“ taten sich einige Anleger zusammen – wahrscheinlich überwiegend junge und unerfahrene Kleinanleger – und kauften die Aktien. Der Kurs stieg und der Hedgefonds musste seine Short-Positionen glattstellen, um keine Verluste zu erleiden. Dies trieb die Aktie in hohem Tempo nach oben. Es entstand ein klassischer Short-Squeeze.

Auch Kleinanleger dürften hohe Verluste erlitten haben

Aber nicht nur der Leerverkäufer wurde ausgequetscht, sondern wohl auch viele der unerfahrenen Kleinanleger dürften kräftig auf die Nase gefallen sein. Denn während in der Community noch ein Kursziel von 1.000 USD ausgerufen und die Aktien mächtig gepusht wurden, stürzte der Kurs vom Hoch bei fast 160 auf „nur noch“ rund 80 USD ab, halbierte sich also wieder.

Kursentwicklung passt nicht zur Unternehmensentwicklung

Das ist aber immer noch deutlich mehr als der Kurs der vorangegangenen Wochen und Monate. Im Hoch schoss die Marktkapitalisierung von GameStop vorgestern auf über 11 Milliarden Dollar. Dabei hat das Unternehmen in 2020 und 2019 Verluste in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe eingefahren, bei Umsätzen von nur noch 6,5 Milliarden Dollar in 2020, nach noch 8,3 Milliarden in 2019. Diese Geschäftsentwicklung war also definitiv kein Grund für den aktuellen Kursanstieg.

Und beim Blick auf die Entwicklung des Eigenkapitals ist es auch kein Wunder, dass die Aktie im April 2020 ein Tief von nur noch 2,57 Dollar erreichte (Marktkapitalisierung: 180 Millionen Dollar). Denn der Händler von Videospielen war oder ist schlicht von der Insolvenz bedroht. Das GameStop dennoch aktuell noch ein Marktwert von mehr als 6 Milliarden Dollar zugebilligt wird, ist ausschließlich den aktuellen Spekulationen geschuldet.

Kein Einzelfall

Nun wäre dieser Einzelfall noch kein Grund zur Sorge. Schließlich gibt es immer wieder auch extreme Kursentwickungen an den Börsen. Das Problem ist, dass diese aktuell gehäuft auftreten und dabei extreme Ausmaße annehmen. Und daher werden Parallelen zum Platzen der Neuer-Markt-Blase immer offensichtlicher.

Wären die Börsen ohne die neuen Spekulanten längst eingebrochen?

Zu dem vorgestrigen Marktgeschehen sind mir auch noch zwei weitere Meldungen aufgefallen:

  1. Nach Angaben von Bloomberg macht diese Art von „GameStop-Tradern“ – also von Kleinanlegern, die über neuartige Broker und Apps wie Robinhood etc. jüngst in Massen neu an die Börsen strömen – mittlerweile rund 20 % des gesamten US-Börsenhandels aus.
  2. Um 17.51 Uhr lief vorgestern die Nachricht über die Ticker von Reuters, dass dem Branchendienst Downdetector.com zufolge Kunden mehrerer US-Onlinebroker an diesem Tag mit technischen Problemen zu kämpfen hatten. Sie konnten sich auf diversen Kleinanleger-Plattformen von Anbietern wie Charles  Schwab, Robinhood oder Morgan Stanley nicht einloggen. Manche hatten auch Schwierigkeiten, Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Die Ursache für die Beeinträchtigungen blieb unklar. Die Firmen waren für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.

Liegt hier ein Zusammenhang vor?

Wenn ich mir nun vor dem Hintergrund dieser beiden Informationen den vorgestrigen kurzzeitigen Einbruch beim Nasdaq 100 anschaue, stellt sich mir folgende Frage: Hat es diesen kleinen Einbruch womöglich deshalb gegeben, weil die vielen Kleinanleger, die inzwischen immerhin 20 % des Börsenhandels ausmachen, in dieser Zeit nicht kaufen konnten, während größere Investoren, die langsam aber sicher den Ausstieg aus den teuren Aktienmärkten suchen, auf der Verkäuferseite zu finden waren? Und haben sich die Kurse erholt, als die Kleinanleger dann wieder als Käufer auftreten konnten, nachdem die Probleme der Handelsplattformen behoben waren? Haben also wieder nur die unerfahrenen Spekulanten die Kurse noch einmal nach oben getrieben.

Falls es sich so zugetragen hat, wäre das ein weiterer Hinweis darauf, dass die Aktienmärkte aktuell insbesondere noch von kleinen Spekulanten betrieben werden und das Ende der Party immer näher rückt.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg an den Börsen
Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)

Sven Weisenhaus ist Chefredakteur des renommierten Börsen-Newsletters Börse-Intern, der vom bekannten Börsen-Portal Stockstreet.de herausgegeben wird. Er schreibt dort auch die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der den DAX und andere Indices nach der berühmten Target-Trend-Methode analysiert.

www.stockstreet.de

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