DAX erlebt Lehman-Moment – Ölpreis-Crash ist der nächste schwarze Schwan

Saudi-Arabien hat nach wochenlangen Streitigkeiten mit Russland nun beschlossen, die eigenen Fördermengen wieder hochzufahren und sich nicht mehr an Mengenabsprachen zu halten. Ein höheres Angebot trifft also auf jetzt auf eine durch die Corona-Krise potenziell fallende Nachfrage – im Ergebnis brachen die Ölpreise heute Nacht in der Spitze um rund 30 Prozent ein.

Das Coronavirus ist plötzlich zum kleineren Problem für die Finanzmärkte geworden. Das letzte Mal, als sich die OPEC dazu entschloss, den Markt den Ölpreis regeln zu lassen, dauerte es Monate, bis ein Preisniveau von 30 US-Dollar erreicht wurde. Dieses Mal hat es nur einen Tag gedauert. Immer wenn es zu abrupten Preisanpassungen kommt, droht ein Kreditrisiko, da sich niemand auf so etwas vorbereiten konnte. Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Geldpolitik Schlimmeres verhindern wird. Anleger flüchten weiter in amerikanische Staatsanleihen. Über alle Laufzeiten hinweg fallen die Zinsen, was die Erwartung an eine weitere Leitzinssenkung in den USA ausdrückt – dieses Mal möglicherweise gepaart mit einem neuen geldpolitischen QE-Lockerungsprogramm.

Die Börsenaufsicht der Terminbörse CME hat den Handel mit US-Aktienfutures gestoppt, nachdem diese in der Nacht über fünf Prozent gefallen sind. Der Handel findet zwar weiterhin statt, der Kurs des S&P Futures ist aber bei 2.821 Punkten eingefroren. Wer darüber kaufen möchte, kann das tun. Darunter findet kein Handel statt. Das dient dem Ziel, die blank liegenden Nerven der Anleger zu beruhigen. Es hat aber auch den unschönen Nebeneffekt, dass die Marktteilnehmer in Frankfurt und weltweit erst einmal im Blindflug unterwegs sind.

Der Deutsche Aktienindex erlebt einen Lehman-Moment und bricht zum Handelsstart noch einmal um über 1.000 Punkte ein. Technische Unterstützung besteht nun bei 10.486 Zählern. Darunter ist theoretisch eine Fortsetzung des Ausverkaufs möglich. Hält die Marke, könnte es zu einer technisch bedingten Gegenbewegung kommen. In diesem Markt wäre eine Seitwärtsbewegung schon ein Fortschritt. Sie wäre jetzt willkommen, da Investoren dann etwas mehr Klarheit über die Kursbereiche bekämen, an denen sie sich zur Verwaltung ihrer Risiken orientieren können.

Bislang haben die Anleger ein Szenario nur kurzfristiger temporärer wirtschaftlicher Folgen der Corona-Krise gegen die Möglichkeit einer Pandemie mit der Folge einer Rezession abgewogen. Mit dem Zusammenbruch des Ölpreises trifft nun der zweite schwarze Schwan in Form von potenziellen Kreditrisiken an den Märkten ein. In den USA sehen wir jetzt eine klare Invertierung der Anleihekurve. Die Mehrheit der Anleger rechnet also mit einer baldigen Rezession.

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Jochen Stanzl ist Chef-Marktanalyst bei CMC Markets in Frankfurt. Davor war er über 15 Jahre bei der BoerseGo AG als Finanzmarktanalyst tätig und hat unter anderem die Portale GodmodeTrader, Jandaya und die Investment- und Analyseplattform Guidants mit aufgebaut und als erfolgreiche Kanäle in der deutschen Trading-Community etabliert. Sein analytischer Fokus liegt auf der Kombination aus technischer und fundamentaler Analyse von Währungen, Rohstoffen, Anleihen und der weltweiten Aktienmärkte.

 

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