Fallen die Kurse bis zum Verfallstag?

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

für Börsianer steht im Dezember nicht nur Weihnachten vor der Tür, sondern auch der letzte große Verfallstag im Jahr. In knapp zwei Wochen, am 17.12.2021, ist es wieder so weit, und wie immer vor großen Verfallstagen werfen wir einen frühen Blick auf die aktuelle Konstellation und die Perspektiven bis dahin für den DAX.

„Dünnes“ Verfallstagsdiagramm

Der erste Blick auf das Verfallstagsdiagramm des DAX könnte manche ratlos zurücklassen: Es wirkt ein wenig „dünn“.

Verfallstagsdiagramm DAX Dezember 2021

Zwischen der größten Call-Position (blauer Balken) bei 15.600 Punkten und der größten Put-Position (rote Balken) bei 14.000 Punkten sieht es – abgesehen von den beiden markanten Put-Positionen bei 15.000 und 15.200 Punkten sehr leer aus. Call-Positionen sind kaum vorhanden und die Put-Positionen nehmen erst unterhalb von 15.000 Punkten zu.

Merkliche Aktivitäten der Stillhalter sind daher erst unterhalb von 15.200/15.000 Punkten bzw. oberhalb von 15.600 Punkten zu erwarten. Im Bereich dazwischen ist der DAX also den normalen Marktkräften ausgesetzt. Zudem verläuft auch die Max-Pain-Kurve (siehe „Schüssel-Kurve“ im unteren Teil) in diesem Kursbereich sehr flach, so dass auch daher wenig Druck von den Stillhaltern zu erwarten ist, den DAX in Richtung des optimalen Abrechnungskurses von 15.200/250 zu bewegen.

Seit dem 26.11. pendelt der DAX zudem genau in diesem Bereich, so dass aktuell ohnehin keine Aktivitäten der Stillhalter zu erwarten sind. Aus Sicht der Stillhalter könnte also der DAX bis zum großen Verfallstag am Freitag nächster Woche auf diesem Niveau einfach verharren.

Wenig Aufschluss durch die Charttechnik

Vorerst gibt aber auch die Charttechnik wenig Aufschluss:

DAX - Tageschart seit August 2021

Nach seiner steilen Rally ab Anfang Oktober hat der DAX nicht nur einen Fehlausbruch an seinem alten Hoch bzw. der 16.000-Punkte-Marke hingelegt, sondern dabei auch zwei Island Reversals (Inselumkehr) produziert (siehe rote Ellipsen). Diese stellen zwar ein (kurzfristiges) Umkehrsignal dar, aber die Kursziele aus diesen Formationen hatte der DAX längst abgearbeitet.

Dabei hat er wichtige Unterstützungen gebrochen, z.B. die Mittellinie des oberen blauen Rechtecks bei 15.785 Punkten sowie die knapp darüber verlaufende Oberkante seiner ehemaligen Seitwärtsbewegung (gelbes Rechteck), die Unterkante des gleichen Rechtecks bei 15.430 Punkten und weitere, kleinere Unterstützungen (siehe rote und hellgrüne Linien).

Immerhin konnte er in der vergangenen Woche kurz vor der runden 15.000-Punkte-Marke wieder nach oben drehen, wobei er de facto auch die nächste Mittellinie bei 15.075 Punkten verteidigt hat (siehe grüner Pfeil). Allerdings endeten die Vorstöße der Bullen in einem Widerstandsbereich oberhalb der Rechteckkante bei 15.430 Punkten (violetter Bogen).

Der DAX im Niemandsland

Damit bewegt sich der DAX aktuell in einer Art Niemandsland, in dem sowohl eine Bodenbildung möglich ist, das aber ebenso Ausgangspunkt für eine nächste Abwärtswelle sein könnte. Das einzig Positive, dass man derzeit aus übergeordneter Sicht über den DAX sagen kann, ist, dass formal die Aufwärtstendenz noch intakt ist (siehe schwarz gestrichelte Linien). Das kann sich aber bei einem nächsten Rückschlag auch ganz schnell ändern.

Für den DAX dürften in nächster Zeit wieder einmal vor allem die US-Börsen richtungsweisend sein. Dort sah es am vergangenen Dienstag nach einem Sell-Off aus, also einem finalen Ausverkauf, der sich in einem extremen Volumen, z.B. im S&P 500, zeigte. Bekanntlich folgte danach aber nicht der Wiederanstieg, der für einen Sell-Off typisch ist, sondern die Kurse fielen weiter.

Damit sind auch die US-Indizes derzeit angeschlagen, und alles wird nun davon abhängen, wie weit die laufende Erholung Dow Jones und Co. nun trägt. Einige Indikatoren deuten darauf hin, dass sich die Abwärtsbewegung an den US-Börsen bald wieder fortsetzt. Dann dürfte auch der DAX wieder nachgeben und erneut die 15.000-Punkte-Marke testen bzw. an die Unterkante des gelben Rechtecks oder auch an die nächste Rechteckkante bei 14.720 Punkten zurückfallen.

Eine Trading-Strategie bis zum Verfallstag

Wenn aber die Erholung in den USA weitergeht, haben auch die DAX-Bullen Chancen, die jüngsten Zwischenhochs zu überwinden und in den Bereich der großen Kurslücke vom vergangenen Freitag vorzustoßen (großes graues Rechteck im Chart). Allerdings müssten sie schon einen erheblichen Druck entfalten, um größere Gewinne zu erzielen. Ab 15.600 Punkten nehmen zum einen die Call-Positionen zum Verfallstag zu, die zunächst als Widerstände wirken, zum anderen liegen im Bereich von 15.700 bis 15.800 Punkten eine Reihe charttechnischer Widerstände, welche die Stillhalter dabei unterstützen, den DAX unten zu halten.

Eine sinnvolle Verfallstag-Strategie könnte diesmal darin bestehen, die Trading-Range der vergangenen Tage zu traden, sofern der DAX im Bereich seiner jüngsten Zwischenhochs und -tiefs jeweils in die Gegenrichtung dreht. Ansonsten sollte man sich darauf gefasst machen, dass es insbesondere bei einem Rückfall unter 15.000 Punkte dynamisch weiter abwärts gehen kann.

In der nächsten Woche gebe ich Ihnen dann wie gewohnt ein kurzes Update zur aktuellen Lage zum Verfallstag.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

(Quelle: www.stockstreet.de)

Sven Weisenhaus ist Chefredakteur des renommierten Börsen-Newsletters Börse-Intern, der vom bekannten Börsen-Portal Stockstreet.de herausgegeben wird. Er schreibt dort auch die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der den DAX und andere Indices nach der berühmten Target-Trend-Methode analysiert.

www.stockstreet.de

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