Sell in May! Come back in September… Eine Börsenweisheit auf dem Prüfstand

Sie kennen sicherlich diese alte Börsenweisheit, werte Anleger. Sie rät uns: Verkaufe im Mai und verlasse die Börse. Vergiss aber nicht, im September wieder einzusteigen.

Auch mein und ich Team haben schon reichlich Erfahrung mit diesem Sprüchlein gemacht. Jedes Jahr im Frühjahr füllen sich unsere analogen und digitalen Postfächer. Die Zahl der Leseranfragen nimmt deutlich zu. Auslöser sind oftmals Zeitungsberichte oder auch Tipps der Hausbanker unserer Abonnenten. Die Ratschläge haben meist zum Inhalt, jetzt, im Frühjahr, das gesamte Aktiendepot zu räumen und später, im September, wieder neu einzusteigen.

 

Und wenn so viele Banker dazu raten, muss doch etwas dran sein… Oder doch nicht?

Diese Frage stellten sich auch Wissenschaftler der australischen Universität von Queensland und der amerikanischen UC Berkeley. Sie nahmen den US-Index Dow Jones mit seiner Entwicklung im Sommer und Winter zwischen Januar 1927 und Dezember 2015 ganz genau unter die Lupe.

In ihrer Studie kamen die Wissenschaftler zu einem für viele sicherlich ernüchternden Ergebnis: In der überwiegenden Mehrzahl der Jahre gibt es nur einen so kleinen Unterschied zwischen der Entwicklung der Aktienmärkte in den sechs Monaten von November bis April und dem Zeitraum von Mai bis Oktober, dass dieser statistisch gesehen fast gar nicht existiert.

 

Sell in May! Come back in September

 

Es gibt Beispiele, die die Sell-in-May-Regel bestätigen

Die Landesbank Baden-Württemberg untersuchte den DAX über vier Jahrzehnte. Das Ergebnis: Der September war der mit Abstand schlechteste Monat. Nach dem August folgte der Mai. Ähnliches galt von 1956 bis 1982 für den Dow Jones. Das Niveau wurde erst 7 Monate später wieder erreicht. Zwischen 1983 und 2010 wandelte sich aber langsam das Bild.

Wer 2013 im Mai sein Depot leer räumte, büßte die Dividende ein, wurde mit Gebühren belastet und verpasste die Rekordjagd an den Börsen. Der DAX sprang auf ein neues Hoch und legte im Mai um fast 6 Prozent zu. Auch in den USA war der Mai 2013 ein guter Börsenmonat.

Auch die hessische Landesbank Helaba hat geforscht. Nach ihren Erkenntnissen legte der MSCI World in den letzten 40 Jahren von November bis April um 8,9 Prozent, von Mai bis Oktober dagegen nur um magere 1,1 Prozent zu. Anders präsentieren sich die letzten 20 Jahre. Jetzt steht für den Mai eine Rendite von 1,8 Prozent zu Buche.

Das langfristige Bild ist nicht eindeutig

„Sell in May“ gilt nicht, wenn wesentliche fundamentale Indikatoren die jahreszeitlichen Tendenzen überlagern. Sobald viele Anleger dem Rat folgen, verschiebt sich das jahreszeitlich beeinflusste Anlageverhalten schrittweise nach vorn. Schließlich will niemand der Letzte sein.

Sehr viel nachhaltiger als durch die Jahreszeit beeinflussen Branchenentwicklungen die Entwicklung der Kurse. Und gerade aufgrund der weltweit vernetzten Finanzmärkte, zwischen denen die Informationen immer schneller und über das gesamte Jahr hinweg fließen, ist das viel zitierte Sommerloch kaum noch relevant.

Permanente Risiken und Chancen, politischer wie wirtschaftlicher Natur, sind für viele, besonders für institutionelle, Börsenakteure Grund genug, die Lage stetig zu beobachten und entsprechend zu agieren. Weshalb prinzipiell immer mit Aktivitäten an den Märkten zu rechnen ist. Und ganz praktisch gilt für uns Anleger:

Häufiges Kaufen und Verkaufen erweist sich als echter Gebührenfresser

Und dies vor allem bei einem größeren Depot. Wenn Sie im Frühling zu schnell verkaufen, könnten Sie die teils üppigen Dividenden verpassen, die die Unternehmen nach ihren Hauptversammlungen ausschütten.

 

Sell in May! Come back in September

 

„Sell in May“ ist nur ein Beispiel… Ich könnte Ihnen, liebe Leser, noch von einigen anderen unterhaltsamen aber erfolglosen Börsenweisheiten berichten, doch ich will mich hier auf die Essenz beschränken:

 

  • Halten Sie an der Börse Ihre Emotionen im Zaum.
  • Investieren Sie langfristig.
  • Und agieren Sie stets nur auf Grundlage seriöser fundamentaler Unternehmensanalysen.

 

Nutznießer von Börsenweisheiten sind in den meisten Fällen nicht die Privatanleger, sondern viel mehr die drei großen B: Börsen, Broker, Banken. Je enger Sie sich, werte Anleger, an Börsenweisheiten à la „Sell in May“ klammern, desto mehr Geld wandert als Gebühr in deren Taschen. Wollen Sie das wirklich?

Ich möchte, dass Sie langfristig Erfolg an der Börse haben

Und dies kann nur über eine tief gehende Fundamentalanalyse von Unternehmen und ihren Aktien funktionieren. Für die Leser von Der Privatinvestor halte ich Tag für Tag nach Unternehmen mit starken Wettbewerbsvorteilen Ausschau.

Ich bevorzuge Unternehmen hinter einem tiefen Burggraben. Mit einem solchen sind hohe Markteintrittshürden gemeint, die potenzielle Konkurrenten erst überwinden müssen, um diesem Unternehmen wirklich gefährlich werden zu können. Es geht um ökonomische Vorteile von Produkten und Marken, um Unternehmen, die ihren Markt beherrschen und die somit eine gewisse Preissetzungsmacht haben.

 

Warren Buffett:

„Es ist besser, ein hervorragendes Unternehmen zu einem guten Preis zu kaufen, als ein gutes Unternehmen zu einem hervorragenden Preis.“

Eine erfolgreiche Aktienstrategie basiert immer und überall auf einer durchdachten Fundamentalanalyse. Nur wenn Sie, liebe Leser, die Zahlen des Unternehmens genau kennen und richtig bewerten, können Sie auch unterbewertete Aktien entdecken. Und genau dann gelingt es Ihnen auch, Geld an den Börsen zu verdienen, wenn die Sparprodukte der Banken mehr Geld kosten als sie einbringen.

 

Auf gute Investments,

Ihr

Prof. Dr. Max Otte

 

P.S.: Viele weitere Informationen zu Anlagestrategien, aktuelles Börsenwissen und neueste Unternehmensanalysen finden Sie auf unserem Blog, täglich per WhatsApp und natürlich auch in unserem E-Mail-Newsletter.

 

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